frei nach Leonard Cohen: First we take Manhatten, then we take Berlin.
Alle vor 1980 Geborenen erinnern sich sicher noch daran. Nach dem Tod des autoritären Führers Tito zerlegte sich Jugoslawien in wirtschaftlicher Not im sehr häßlichen Balkankrieg mit Kriegsverbrechen, vielen Flüchtlingen und unversöhnlichem Hass zwischenzeitlich in sieben Einzelteile.
Die EU nahm die Flüchtlinge auf und erstarkte parallel zum Niedergang auf dem Balkan. Bis auf Slowenien und Kroatien, das 2013 als letzter Nachzügler den Sprung in die EU geschafft hat, haben die anderen fünf Balkanstaaten sich bis heute wirtschaftlich noch nicht von ihrem Zwist erholt.
Was hat das ganze mit London zu tun?
Im Falle Jugoslawiens war es die gewonnene Freiheit vom kommunistischen Block, die die Begehrlichkeiten schuf, die über das Zerwürfnis untereinander dafür sorgten, dass der Balkan seitdem im Schatten der EU dahinfristet und auch heute noch in Bosnien, Serbien und co. die Menschen lieber nach dem Euro greifen als nach ihrer eigenen schwachen Landeswährung.
Der Brexit – die wahrscheinlich bisher dümmste demokratische Entscheidung des neuen Jahrtausends – bringt nun, und das dieses mal völlig ohne Not, ganz Großbritannien in Bedrängnis. Bis zu dieser Jahrhundertentscheidung hatte Britannien ein starkes Pfund, die niedrigste Arbeitslosigkeit seit Jahren, eine starke Wirtschaft, Reisefreizügigkeit in 27 EU-Länder, seit Jahrzehnten Beitragsrabatt (111 Mrd.€), und Migranten aus dem Schengenraum, von denen die Briten doppelt profitierten (billige Arbeitskräfte, Nettobeträge ins Sozialsystem).
Die Krise, die Britannien nun überfällt hat es vordergründig dem Freiheitsdrang und dem Wunsch nach „Rückgabe der Kontrolle“ über das eigene Land zu verdanken, in Wirklichkeit steckt wie so oft die Gier nach Macht einiger weniger dahinter. Wer im Space Shuttle ruft: „I take back control“ und dann einfach mal den roten Leave-Button drückt weil der Chefstewart in der Bordkantine stichelt: „Das wird ein phantastischer Ritt“, muss sich nicht wundern wenn er sich kurz darauf „Out of the solar system“ wiederfindet. Der Treibstoff Brit. Pfund ist schon mal heftig implodiert und eine Kettenreaktion an Fehlzündungen wird folgen.
Der Schaden, den die Entscheidung der 51% Mehrheit der Wähler verursacht hat, lässt sich jetzt ungefähr beziffern: Jeder EU-Bürger (incl. jedem Briten) verliert ein VW-Polo, 60 PS, Basis-Variante oder 12.884 Euro und zwölf Cent. Allerdings kann es für die Briten nicht nur finanziell noch viel teurer werden. Womit wir wieder bei Jugoslawien wären.
Together we’ll stand, divided we’ll fall
Come on now people let’s get on the ball
And work together, come on, come on
Let’s work together, now, now people
Canned Heat wusste schon 1972 was Sache ist. Jugoslawien ist schon gefallen. Der Brexit verbreitet seit gestern sein Gift.
Großbritannien ist jetzt in zwei Lager geteilt.
Es ist mehr als fraglich ob Britannien diese innere Spaltung in den kommenden zwei Jahren überwinden kann, vor allem dann wenn es an allen Ecken zu brennen beginnt. Es geht massiv um Geldverlust und darüber hinaus um die Zukunftshoffnungen der jungen Generation und um die Ängste und Erwartungen einer ganzen Nation.
Das Leave-Lager – die entkernten Engländer, die Waliser, die Alten und der ehemalige Hauptstadt-Bürgermeister – , werden nicht lange über den Phyrrus-Sieg triumphieren können. Das I´M IN-Lager – die Schotten, die Nordiren, die Londoner und die jungen Briten – werden Forderungen und auch viele peinliche Fragen stellen. Da ist Ärger vorprogrammiert und wenn sich schon bald heraus stellt, mit welchen Lügen das Voting gewonnen wurde, dass die Armen arm bleiben, die fleißigen Migranten weg sind und junge Briten trotzdem arbeitslos werden, dann ist das die Zündschnur zur Spaltung des Staates in die neuen Teile England, Schottland, Nordirland und wer weiß vielleicht auch Wales. Nordirland wird in die Arme der EU flüchten, Schottland wird den Hadrianswall der Römer wieder aufbauen und die Lebensqualität in London wird dann genauso schnell fallen wie das Brit. Pfund nach dem Brexit-Voting.
Brexit – Something stupid.
Falls es irgend welche Belege benötigt um zu verstehen warum der Brexit ein Fehler war, dann genügen bereits die beiden folgenden Beiträge:
Was geschieht jetzt (Interview mit Robert Halver)
Sendet eine Hoffnungsbotschaft (AVAZ)
Mehr als 48% der Briten wissen, dass der Brexit ein Fehler war, am Montag haben es bestimmt schon 52% begriffen – doch wer sich ins Abseits stellt kann auch keine Tore schießen und mit Eigentoren gibt es nix zu gewinnen.
„Es gibt viel mehr, das uns vereint, als uns spaltet.“
JO COX – DANKE an eine wundervolle Europäerin!
There is one option left.
Declare BREXIT as trial vote and: Do it again!
Ernesto O.